Trade Republic sichert sich Vollbanklizenz: Beginn eines neuen Unternehmenskapitels

Das Fintech-Unternehmen erweitert sein Angebot um umfassende Bankdienstleistungen, Mitgründer Christian Hecker erläutert die Erwartungen an diese strategische Erweiterung.

Trade Republic hat seine ehrgeizigen Ziele erreicht und ist ab sofort eine Vollbank. Mit der kürzlich erhaltenen Lizenz der Europäischen Zentralbank (EZB) kann das Berliner Fintech nun alle wesentlichen Bankdienstleistungen anbieten. Mitgründer Christian Hecker sieht dies als einen der wichtigsten Meilensteine in der Geschichte des Unternehmens. Die Vollbanklizenz ist ein absolutes Gütesiegel und öffnet damit für Trade Republic und seine Kunden ein neues Kapitel, so Hecker.

Bereits 2015 wurde Trade Republic von Hecker gemeinsam mit Marco Cancellieri und Thomas Pischke gegründet. Mittlerweile zählt das Unternehmen mehr als eine Million Kunden in 17 europäischen Ländern und ist eines der wertvollsten und größten deutschen Fintechs. Im Juni 2020 sammelte das Unternehmen 250 Millionen Euro von Investoren ein und erhöhte seine Bewertung auf fünf Milliarden Euro. Zu den Geldgebern zählen namhafte Investoren wie Sequoia und Creandum.

Bislang verfügte Trade Republic lediglich über eine Wertpapierhandelsbanklizenz und konnte seinen Kunden somit den Handel mit Aktien, ETFs und Staats- sowie Unternehmensanleihen ermöglichen. Die Kundeneinlagen wurden dabei von Partnerbanken wie der Citibank Europe, der Deutschen Bank, Solaris und JP Morgan verwahrt. Dank der Vollbanklizenz ist es nun möglich, alle wesentlichen Bankdienstleistungen auch selbst anzubieten, worauf jedoch vorerst noch nicht verzichtet werden soll, so Hecker.

Der Fokus soll weiterhin auf dem einfachen, sicheren und günstigen Vermögensaufbau liegen. Dennoch sieht Hecker Charles Schwab als Vorbild, da das US-Finanzunternehmen ein umfangreicheres Produktangebot hat. Als Plattform, auf der Menschen einen Großteil ihres Vermögens aufbauen, könne Trade Republic somit zu einer bedeutenden Finanzinstitution in Europa werden. Die Vollbanklizenz sei hierfür essentiell.

Bei der Frage nach zukünftigen Einnahmequellen hält sich Hecker noch bedeckt, gibt jedoch bereits jetzt bekannt, dass es im kommenden Jahr neue Produkte geben wird. Mit der Vollbanklizenz hat Trade Republic nun auch die Möglichkeit, Giro- und Tagesgeldkonten anzubieten sowie ins Kreditgeschäft einzusteigen. Charles Schwab bietet über Tochterunternehmen zusätzlich zu Wertpapierhandel auch Vermögensverwaltung und Finanzberatung an, während eine Bankentochter noch Kreditdienstleistungen im Angebot hat.

Dies könnte auch Trade Republic dabei helfen, unabhängiger von der Einnahmequellen “Payment for Order Flows” zu werden. Diese Rückvergütungen, die von Handelspartnern gezahlt werden, um Kundenaufträge auf deren Plattform zu leiten, ist ab Juli 2026 in Europa verboten. Hecker betont jedoch, dass Trade Republic bereits bewiesen habe, dass das Unternehmen eine starke Daseinsberechtigung hat, unabhängig von den Lizenzen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder der EZB.

Im Januar dieses Jahres überraschte Trade Republic zudem den Markt mit einem Zinssatz von 2,0 Prozent auf Geldguthaben seiner Kunden, der zu den Topkonditionen zählte. Im Oktober erhöhte das Unternehmen diesen sogar auf 4,0 Prozent, wodurch es weiterhin zu den Spitzenreitern unter den Anbietern zählt. Hecker betont, dass das Angebot auch die Industrie nicht kaltgelassen hat und stellt fest: “Unabhängig davon, welche Lizenzen wir im Register der Bafin oder der EZB haben: Wir haben schon gezeigt, dass Trade Republic eine sehr starke Daseinsberechtigung hat”. Mit der Vollbanklizenz sei das Unternehmen nun genauso reguliert wie eine Deutsche Bank oder eine Commerzbank.

Die Beantragung der Vollbanklizenz bei den Behörden erfolgte erst im Jahr 2022, jedoch war es bereits seit längerer Zeit das Ziel von Trade Republic. Hecker betont jedoch, dass vor allem die Überprüfung der Eigentümerstruktur viel Zeit in Anspruch genommen habe. Im Rahmen des Inhaberkontrollprozesses wurden alle Investoren mit einem Anteil von über zehn Prozent überprüft, was aufgrund einiger US-Fonds mit Untergesellschaften einige Monate dauerte.

Im vergangenen Jahr stießen die beiden langjährigen Banker und jetzigen Trade-Republic-Geschäftsführer Andreas Torner und Gernot Mittendorfer zum Unternehmen, welches nun auch einen Prüfungsausschuss bestellt hat. Diesem gehören vorbehaltlich der Zustimmung der BaFin Ute Gerbaulet, Finanzchefin des Oetker-Konzerns, Christiana Riley, die bei der spanischen Bank Santander das US-Geschäft leitet und zuvor Vorständin bei der Deutschen Bank war sowie Andreas Willius an. Willius ist ehemaliger Geschäftsführer von Trade Republic und saß auch schon im Vorstand der Börse Stuttgart. “Auch mit dem Prüfungsausschuss wollen wir eine Sache klarmachen: Trade Republic stellt sich für die Zukunft auf und sucht die Regulierung. Das hebt uns ab von vielen Wettbewerbern”, betont Hecker. In der aktuellen Marktsituation gebe es keine härtere Währung als eine Bafin- oder EZB-Lizenz.

Tatsächlich stehen einige Fintechs bereits seit längerem unter Beobachtung der BaFin. So hat die Aufsicht beispielsweise einen Sonderprüfer bei Unternehmen wie N26 und Solaris eingesetzt und Auflagen verhängt, die ebenfalls über eine Banklizenz verfügen. Trade Republic erhält die Vollbanklizenz kurz vor seinem fünften Geburtstag und blickt bereits auf ein erfolgreiches Jahr zurück. “Dieses Jahr ist wirklich zu unserer vollsten Zufriedenheit zu Ende gegangen”, resümiert Hecker.

Bei einem kürzlich veröffentlichten Jahresabschluss verbuchte das Unternehmen jedoch einen Fehlbetrag in Höhe von 145 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr, was einem Anstieg um 311 Prozent entspricht. Hecker betont jedoch, dass das Unternehmen im Jahr 2023 deutlich zweistellig wachsen werde, ohne hierbei konkrete Zahlen zu nennen.

(eulerpool-AFX)

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