Mercedes-Benz Aktienkurs steigt trotz Eingeständnis des mutmaßlichen Schützen nach tödlichen Schüssen im Werk

Opfer’s Schwester konfrontiert Angeklagten im Gerichtssaal: “Gerechte Strafe”, ruft sie auf Türkisch erregt.

Ein halbes Jahr ist vergangen seit jenem schrecklichen Tag im Mai, als in der Sindelfinger Mercedes-Produktionshalle zwei Menschen erschossen wurden. Die Schwester eines der Opfer bricht während des Prozesses in türkischer Sprache in Tränen aus und ruft dem mutmaßlichen Täter, der ergraut auf der Anklagebank sitzt, seine Strafe zu. Sie trägt ein schwarzes T-Shirt mit dem Konterfei ihres Bruders, dessen Leben durch die tödlichen Schüsse plötzlich und unerwartet beendet wurde.

Der Mordprozess vor dem Stuttgarter Landgericht dauert voraussichtlich mindestens zwei Monate und hat zwölf Nebenkläger. Die Familien der Opfer befinden sich seitdem auf einer “Achterbahn der Emotionen”, wie der Anwalt der Nebenkläger beschreibt. Sie sind zerstört und haben viele unbeantwortete Fragen, denn das Motiv des mutmaßlichen Täters ist bislang unklar.

In einer vom Anwalt des Angeklagten verlesenen Stellungnahme übernimmt der Mann die Verantwortung für die Schüsse auf seine beiden türkischen Landsleute. Der Verteidiger erklärt im Namen seines Mandanten: “Er bereut dies sehr und wünscht sich, die Zeit zurückdrehen zu können.” Laut der Aussage seines Anwalts fühlte sich der Angeklagte von seinen beiden Vorgesetzten gemobbt und gedemütigt. Er habe das Gefühl gehabt, es seinen Vorgesetzten niemals recht machen zu können.

Sein Arbeitsplatz sei für ihn der einzige Halt in Deutschland gewesen, denn der Mann besitzt keine Aufenthaltserlaubnis und müsste bei einer Kündigung zurück in die Türkei. Die Auseinandersetzung, die schließlich zur Eskalation und den tödlichen Schüssen führte, begann wegen eines banalen Streits über das Aufladen eines Elektrowagens. Der Angeklagte habe inmitten des Konflikts die Kontrolle verloren und “wie in einem Blackout” gehandelt, erklärt sein Anwalt. Er habe erst danach realisiert, was er getan hatte. Es sei eine Tat aus “tiefer Verzweiflung und hoher affektiver Erregung” gewesen und keinesfalls politisch motiviert, betont der Anwalt weiter.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den Mann, seine zwei Vorgesetzten vorsätzlich und heimtückisch aus kürzester Entfernung erschossen zu haben. Die Opfer hätten “in keiner Weise” mit dem Angriff ihres Kollegen gerechnet, so der Staatsanwalt während der Anklageverlesung.

Die Aktie von Mercedes-Benz notiert währenddessen zeitweise 0,66 Prozent höher bei 57,83 Euro.

Der Mordprozess zieht seine Kreise nicht nur bei den betroffenen Familien, sondern auch in der Öffentlichkeit. Die schreckliche Tat hat das Leben von zwei Familien für immer verändert und hinterlässt viele offene Fragen. Während der Prozess weitergeht, hoffen die Angehörigen auf Gerechtigkeit für ihre verlorenen Lieben und die Gewissheit, dass ein derartiges Verbrechen nie wieder geschieht.

(eulerpool-AFX)

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