Julius Bär konfrontiert Aktionäre mit unerwartet hohen Kreditausfällen

Unerwartete Verluste wecken Spekulationen über riskante Kredite der Privatbank an Benkos Immobilienkonzern Signa.

Rückschläge treffen die Schweizer Privatbank Julius Bär schwer, als sie überraschenderweise Verluste durch hohe Kreditrückstellungen für die in Schieflage geratene Signa-Gruppe des kontroversen Immobilienmilliardärs René Benko bekannt gibt. Die Bank hat 82 Millionen Schweizer Franken für faule Kredite beiseitegelegt, wobei 70 Millionen allein nach Ende Oktober hinzukamen.

Die bereits deutlich gefallene Aktie verzeichnete daraufhin einen weiteren Sturz um elf Prozent am Montag. Die Rückstellungen dürften auch das Jahresergebnis negativ beeinflussen, und die Bank gibt zu, dass der Konzerngewinn für 2023 voraussichtlich nicht das Niveau von 2022 erreichen wird.

Berichte über riskante Kreditgeschäfte mit der Signa-Gruppe werden angeheizt, als sich die Rückstellungshöhe im Vergleich zu den berichteten mehreren hundert Millionen Franken als moderat herausstellt. Die Bank verweigert weiterhin jegliche Kommentare zu den Medienberichten über eine Geschäftsbeziehung mit Benko. Und trotz des überraschenden Verlustes beteuert die Bank, dass die Gesamtqualität des Kreditbuchs und der Bilanz nicht beeinträchtigt ist. Mit einer starken Kernkapitalquote von 16 Prozent liegt die Bank deutlich über den Anforderungen der Schweizer Finanzaufsicht (Finma).

Doch die Zweifel der Investoren wachsen, ob Julius Bär ihre Risiken im Zusammenhang mit Benko angemessen gemanagt hat. Analysen von Jeffries zeigen, dass Anleger sich fragen, wie ein einzelner Kunde zu einer so hohen Kreditrückstellung geführt hat und ob es weitere große Kreditengagements geben könnte. Zudem enttäuschte die Bank auch operativ, indem sie weniger Kundengelder als erwartet im Zeitraum von Juli bis Oktober einwerben konnte und mit einer geringeren Marge auf das verwaltete Vermögen als geplant.

Für Andreas Venditti, Analyst von Vontobel, stellt der jüngste Rückschlag einen bitteren Rückschlag dar. Die Bank hatte erhofft, durch die Einstellung neuer Kundenberater ehemalige Kunden der gescheiterten Credit Suisse anzuziehen. Doch sollte sich herausstellen, dass Julius Bär ebenfalls mit einem einzelnen Kunden übermäßig spekuliert hat, wird es schwieriger sein, potenzielle Kunden von den Vorteilen des Instituts zu überzeugen.

Die Aktienperformance im Vergleich zu anderen Banken auf Jahressicht wird von Venditti als schwach betrachtet, wodurch die Abwerbeversuche von Julius Bär weiter erschwert werden. Venditti gibt zu bedenken, dass ihre Schätzungen für das Gesamtjahr 2023 möglicherweise zu optimistisch waren und sie nach unten anpassen müssen. Auch die geplante Kostenquote von weniger als 64 Prozent bis 2025 scheint immer weniger realisierbar. Vendittis Fazit lautet daher: “Der aktuelle Kurseinbruch der Aktie scheint gerechtfertigt.”

(eulerpool-AFX)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert