Turbulenzen bei Signa Holding: Benkos Immobilienimperium unter Druck

Investoren setzen Benko unter Druck, sich zurückzuziehen, doch bislang zeigt dieser keine Anzeichen von Nachgiebigkeit.

Investoren und Gesellschafter drängen Selfmade-Milliardär René Benko zum Rückzug aus der angeschlagenen Signa Holding. Doch bislang weigert er sich standhaft. Zudem droht dem Immobilienmogul Ärger mit den Anleihe-Investoren. Sein jüngster Auftritt im österreichischen Radiosender Ö1 hat das Chaos perfekt gemacht. Hans Peter Haselsteiner, Österreicher und Unternehmer, welcher selbst 15 Prozent der Anteile der Signa Holding hält, erklärte in einem Interview, dass Benko grundsätzlich bereit sei, sich zurückzuziehen.

Seine Gesellschafter hätten dies zustimmend zur Kenntnis genommen. Dies berichtete das Handelsblatt in einem Brief am Freitag. In diesem forderten sie ebenfalls Benkos Rückzug aus dem operativen Geschäft, da dies die einzige Möglichkeit sei, die Signa-Gruppe wieder auf Kurs zu bringen. Doch am Wochenende gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass Benko zu einem Rückzug bereit ist, bestätigten mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen dem Handelsblatt. Eine dieser Personen erklärte verwirrt: „Keiner kann sich erklären, auf welcher Grundlage Haselsteiner zu dieser Aussage gekommen ist.“ Es gebe keine Zustimmung seitens der Gesellschafter und nichts liege schriftlich vor.

Dies ist der vorläufige Höhepunkt des Chaos im Imperium des einst schillernden Immobilien-Milliardärs René Benko. Sein Reich, welches hunderte Einzelgesellschaften und Prestigeprojekte wie den Elbtower in Hamburg oder das Chrysler Building in New York umfasst, befindet sich in Aufruhr.

Unrentable Bauprojekte, steigende Kreditzinsen und hausgemachte Probleme haben die Signa Holding und einige ihrer angeschlossenen Gesellschaften im letzten Jahr stark unter Druck gesetzt. Die drängende Frage aller Beteiligten ist: Wie kann eine schnelle Lösung gefunden werden? Die Lage verschlechtert sich mit jedem Tag, bestätigten Insider dem Handelsblatt. Dennoch ist unklar, wie eine Rettung aussehen könnte, da jeder Beteiligte individuelle Interessen verfolgt. Eines scheint jedoch sicher zu sein: Benko ist nicht mehr in der Lage, die Probleme alleine zu lösen.

Obwohl er schon seit einigen Jahren keine operative Funktion mehr in seinem Unternehmen ausübt, hält er die Mehrheit der Anteile und somit „läuft alles über ihn“, wie es ein Bekannter von Benko ausdrückt. Die Gesellschafter fordern deshalb, dass er seine Anteile treuhänderisch an den Sanierungsexperten Arndt Geiwitz übergibt.

Die Signa Holding hat zahlreiche Immobilienprojekte in der Entwicklung und ist daher ständig auf der Suche nach frischem Kapital für den Betrieb der Baustellen und laufende Finanzierungen. Allerdings sind Banken derzeit generell vorsichtiger bei der Vergabe von Krediten für Immobilienprojekte. Zudem hat die Europäische Zentralbank (EZB) von einigen Banken eine hohe Abschreibung auf Engagements bei der Signa-Gruppe gefordert, was es für diese noch schwieriger macht, an frisches Kapital zu gelangen. Als mögliche Lösung wird nun ein dreimonatiges Stillhalteabkommen zwischen Gesellschaftern, Gläubigern und Investoren diskutiert. In dieser Zeit könnten Transparenz in der unübersichtlichen Gruppe hergestellt und mögliche Verkaufsobjekte identifiziert werden.

Dies würde allen Beteiligten die Möglichkeit bieten, glimpflich aus dem Chaos hervorzugehen, hoffen mit den Vorgängen vertraute Personen aus Finanzkreisen. Zudem würde feststehen, wie viel Geld tatsächlich benötigt wird, um die Gruppe zu stabilisieren. Aktuell wird über eine Kapitalspritze in Höhe von 200 bis 400 Millionen Euro verhandelt. Allerdings halten einige Signa-Insider ein Stillhalteabkommen für ein „Wunschdenken einiger Investoren“, wie das Handelsblatt erfuhr. Eine solche Vereinbarung wäre nur möglich, wenn Benko tatsächlich aus dem operativen Geschäft ausscheiden würde. Dennoch schließen Insider nicht aus, dass bereits individuelle Stillhaltevereinbarungen zwischen Benko und bestimmten Gläubigern oder Investoren getroffen wurden.

Die „FAZ“ zitierte am Sonntag erstmals aus den Jahresabschlüssen von Unternehmen der Signa-Gruppe, die gerade erst veröffentlicht wurden. Eine Einsicht des Handelsblatts ergab, dass die Signa Prime Selection AG im Jahr 2022 immer noch einen Nettogewinn von 75 Millionen Euro verzeichnen konnte, im Vergleich zu 400 Millionen im Vorjahr. Der starke Rückgang des Gewinns ist hauptsächlich auf die Warenhausimmobilien und Signa Prime Capital Invest zurückzuführen.

Auch das Finanzergebnis verschlechterte sich von 515 auf 203 Millionen Euro aufgrund gestiegener Zinsen. Die Signa-Gruppe steht unter immensem Druck, wie auch die Vergabe von Genussscheinen im Wert von 187 Millionen Euro mit einem Zinssatz von zwölf Prozent Ende 2022 zeigt. Diese Genussscheine sind ähnlich wie Aktien, jedoch gewähren sie dem Inhaber keinen Anteil am Liquidationsgewinn, falls das Unternehmen, das sie ausgegeben hat, aufgelöst wird. Weitere Probleme drohen der Signa-Gruppe nun auch von Anleiheinvestoren.

Die Tochterfirma Signa Development Finance hat eine Anleihe im Wert von 300 Millionen Euro ausstehen. Viele Publikumsfonds, die auf Hochzinsanleihen spezialisiert sind, haben in diese Anleihe investiert, darunter die DWS, Schroders und Invesco. Bei der Vorlage der Quartalszahlen Mitte letzter Woche schockierte Signa Development Finance die Investoren mit der Ankündigung, dass sie im abgelaufenen Quartal nur noch über 32 Millionen Euro an flüssigen Mitteln verfügten, verglichen mit 125 Millionen Euro in der Vorperiode, bestätigen Personen mit Insiderwissen. Als Grund für den Rückgang gab die Signa-Tochter einen Mittelabfluss von rund 90 Millionen Euro für „Zahlungen von Darlehen“ an.

Zwei Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, berichten jedoch, dass Investoren nun den Verdacht haben, dass das Geld, das eigentlich zur Rückzahlung der Anleihe verwendet werden sollte, stattdessen zur Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen genutzt wurde.

Für eine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen war Signa am Sonntag nicht erreichbar. Den Anleiheinvestoren war bekannt, dass Gesellschafter der Signa Development dem Unternehmen ebenfalls etwa 100 Millionen Euro geliehen hatten. Diese sind jedoch in der Rangfolge der Gläubiger hinter den Anleiheinvestoren platziert. Ein Investor berichtet, dass die Verantwortlichen in der Vergangenheit immer betont haben, dass die Gesellschaft Cash aus realisierten Immobilienprojekten erhalten würde. Die jüngsten Zahlen haben jedoch das Gegenteil gezeigt: „Die Befürchtung ist, dass Geld aus der Einheit abgezogen wurde, das nicht abgezogen werden sollte.“

Für kommenden Donnerstag hat die Signa Development laut Handelsblatt-Informationen einen Investoren-Call angesetzt, bei dem der Mittelabfluss näher erläutert werden soll. Mehrere Investoren haben die US-Kanzlei Kirkland & Ellis mandatiert, wie der Finanzdienst Bloomberg berichtet.

Obwohl die Anleihe erst im Jahr 2026 fällig ist, haben Anleiheinvestoren angesichts des Chaos in der Signa-Gruppe den rätselhaften Mittelabfluss zum Anlass genommen, ihre Zinspapiere in großem Umfang abzustoßen. Seit Mitte letzter Woche ist der Kurs um 61 Prozent gefallen.

Die Situation im Inneren von Signa ist angespannt und Panik macht sich breit, wie eine mit den Vorgängen vertraute Person dem Handelsblatt sagte. Notfalltreffen folgen aufeinander, einige sogar ohne Benko. Selbst enge Mitarbeiter:innen haben das Vertrauen in Benko verloren, der in den letzten Wochen immer weniger und einsilbiger kommunizierte. Ein Insider kommentierte: „Niemand weiß genau, wie es dem Unternehmen wirklich geht. Niemand weiß, wie hoch die Schulden sind und was die Assets tatsächlich wert sind.“

(eulerpool-AFX)

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