Tim Cooks hohe Wertschätzung für deutsche Softwareentwickler: Die Gründe dahinter

Der US-Konzern hebt bei seinen neuen Computern besonders die leistungsfähigen Halbleiter hervor, zu denen ein zentraler europäischer Standort maßgeblich beiträgt.

Apple bewirbt seine neuen Computer auf dem US-Markt vor allem wegen ihrer leistungsstarken Halbleiter. Der wichtigste Standort in Europa, München, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Es scheint fast so, als ob Apple sich verstecken will. Der US-Konzern hat in den vergangenen Jahren Hunderte Millionen Euro in ein modernes Geschäftshaus am Rande der Münchner Innenstadt investiert. Doch weder ist das Apfel-Logo von außen sichtbar, noch ist der Name des Unternehmens auf einem Klingelschild zu finden.

Der Empfang befindet sich versteckt unter den Arkaden im Innenhof. Für Besucher ist es schwierig, den Eingang zu finden. Wer den seltenen Blick in das Innere erhascht, findet makellos saubere Gänge vor, deren Wände mit großformatigen Fotografien von Apple-Geräten geschmückt sind. Doch die vermeintliche Diskretion täuscht: In der bayerischen Landeshauptstadt betreibt der iPhone-Konzern sein bedeutendstes Entwicklungszentrum in Europa. Hier forschen 2000 Experten an den Chips, mit denen sich der weltweit wertvollste Tech-Konzern von allen anderen Computerherstellern und Smartphone-Produzenten abheben will.

Die Chips, die unter dem Namen M3 vermarktet werden, sind derzeit das Herzstück der Marke aus Kalifornien. Auf ihrer Produktvorstellung drehte sich Apple kürzlich zu großen Teilen um die fortschrittlichste Chipgeneration M3 – mit Technologie, die auch in München entwickelt wurde. Besonders bemerkenswert dabei ist, dass die M3-Serie als Teil der halbstündigen Präsentation das erste Mal weltweit vorgestellt wurde. Bei M3 handelt es sich um die kleinste derzeit in der Serienproduktion erhältliche Strukturgröße von 3 Nanometern.

Damit können mehr Transistoren auf kleinsten Raum untergebracht werden als bei jedem anderen Anbieter. Der leistungsstärkste Chip der Serie, M3 Max, verfügt laut Apple über beeindruckende 92 Milliarden Transistoren, was bisher nur bei teuren, großen und energiehungrigen Chips für Netzwerkrechner möglich war. Der entscheidende Vorteil dieser Chips ist, dass sie schneller sind und weniger Energie verbrauchen als ihre Vorgängermodelle – und die der Konkurrenz.

Laut den Marktforschern von Tech Insights ist die M3-Serie auch ein großer Fortschritt in der Grafikprozessortechnologie. Dies ist eigentlich die Domäne von Nvidia, dem wertvollsten Chiphersteller der Welt. Doch Apple nutzt seine eigene GPU mit überragenden Eigenschaften, wie Experten betonen. Eine besonders bemerkenswerte Funktion ist das sogenannte dynamische Caching, bei dem nur so viel Speicher verwendet wird, wie für eine bestimmte Aufgabe benötigt wird. Dies ist in der PC-Industrie neu. Zudem hat Apple in den M3-Chips eine sogenannte „Neural Engine“ integriert, einen speziellen Chip für maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz.

Dadurch sind Nutzer nicht mehr auf Cloud-Dienste angewiesen und können ihre Daten auf dem Gerät behalten. Laut den Spezialisten von Tech Insights bevorzugen die meisten Unternehmen die Sicherheit, ihre sensiblen Daten nicht auszulagern. Die börsennotierte Firma Gartner und die Marktforscher von IDC bescheinigen Apple hervorragende Verkaufszahlen bei Computer- und Tablet-PCs.

Die Entwicklung von Chips im eigenen Haus und der Standort in München sind von großer Bedeutung für die globale Strategie von Apple. CEO Tim Cook strebt an, dass alle Schlüsseltechnologien des Konzerns in Eigenregie beherrscht werden. Neben der eigenen Software gehören Chips zu den Kernkompetenzen von Apple. Die Entwickler sind auf der ganzen Welt verteilt, aber Cook hat ein besonderes Auge auf die Mitarbeitenden in Deutschland.

Im Frühjahr sagte der Manager: “Unsere Ingenieurteams in München gehören zu den innovativsten weltweit und helfen bei der Entwicklung neuer Technologien.” Die Ergebnisse ihrer Arbeit finden sich in fast allen Produkten des Konzerns wieder, vom iPhone bis zum iMac-Rechner. Die Kernkompetenzen am deutschen Standort liegen im Bereich Power Management, also der Stromversorgung von Geräten, Signalverarbeitung und Mobilfunktechnologien.

Erst vor drei Jahren hat Apple seinen ersten eigenen Computerprozessor, den M1, in seinen Mac-Computern verbaut. Der Prozessor ist das “Gehirn” eines jeden Computers und zeichnet sich unter anderem durch niedrigen Stromverbrauch aus. Seitdem hat Apple den ehemaligen Lieferanten Intel größtenteils abgeschrieben. Cook und seine Kollegen lassen keine Zweifel daran, dass sie ihre eigenen Chips für weit überlegen halten. Bei der jüngsten Produktvorstellung erwähnte man Intel ausdrücklich und warb bei den Kunden darum, ihre alten Apple-Computer mit Intel-Prozessoren zuersetzen.

Tech-Insights-Analysten bemerken, dass es selten ist, dass sich das Apple-Management so direkt äußert. Angeblich soll ein neuer Mac bis zu elfmal schneller sein als ältere Modelle mit Intel-Chips. Apple nimmt daher eine Sonderstellung unter den Smartphone-Marken und Computerherstellern ein. Nur sehr wenige Firmen weltweit haben die Mittel, maßgeschneiderte Halbleiter zu entwickeln.

Von den Konkurrenten sind dies insbesondere Huawei und Samsung. “Es lohnt sich nur, eigene Chips zu entwickeln, wenn das Unternehmen seine Anwendungen genau kennt und den Chip entsprechend optimieren kann”, sagt Ondrej Burkacky, Halbleiterexperte bei der Beratungsgesellschaft McKinsey. “Dies ist nur bei wirklich großen Stückzahlen oder wenn speziell für bestimmte Anwendungen entworfene Chips dem Endkunden einen echten Mehrwert bieten.”

Hier ist Apple in einer guten Position, da das Unternehmen seine Chips perfekt auf seine Anwendungen zuschneiden kann. In den letzten Jahren hat Apple sich durch Firmenübernahmen in der Chip-Industrie verstärkt, darunter auch in Deutschland. Zum Beispiel haben die Amerikaner die Kommunikationssparte von Intel mit 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in München übernommen.

Der Tech-Riese aus Cupertino setzt weiter auf den deutschen Markt: Nach dem Kauf des Augsburger Chipherstellers Raycer Graphics steht nun auch die Übernahme eines Teils des britisch-deutschen Lieferanten Dialog Semiconductor bevor. Mit diesem Schritt verstärkt Apple seine Präsenz im schwäbischen Nabern, das sich damit zum zweiten wichtigen Chip-Standort des Unternehmens in Deutschland entwickelt. Insgesamt beschäftigt Apple hierzulande 4600 Mitarbeiter, wobei ein bedeutender Teil in den hauseigenen Geschäften tätig ist.

Doch auch in der Bundeshauptstadt ist Apple aktiv: Der Standort nahe des Bahnhofs, der erst im vergangenen Jahr seine Türen öffnete, wird in den kommenden sechs Jahren um eine Milliarde Euro an neuen Gebäuden erweitert. Derzeit nutzen viele Angestellte bereits angemietete Räumlichkeiten, darunter auch Flächen am Zentralen Busbahnhof. Wachstumspotenzial gibt es dabei genügend, denn die Chip-Designer haben alle Hände voll zu tun.

Ein wesentliches Ziel der Halbleiterspezialisten ist es, unabhängiger von Zulieferern zu werden. Insbesondere in der bedeutenden Mobilfunktechnologie5G liegt hier bisher noch ein Durchbruch im Argen. Apple ist nach wie vor auf Modems des Lieferanten Qualcomm angewiesen und der Vertrag wurde kürzlich bis 2026 verlängert – ein notwendiger Schritt, doch der Tech-Riese arbeitet bereits seit Jahren daran, sich von dieser Abhängigkeit zu lösen.

Die Zeit drängt also für die Chip-Entwickler, um auch in diesem Bereich autark zu werden. Doch mit den jüngsten Investitionen und Übernahmen sichert sich Apple nicht nur wichtige Expertise, sondern auch eine solide Basis, um seine ehrgeizigen Ziele zu erreichen und seine Position als globaler Technologieführer weiter auszubauen. Mit großer Spannung wird die weitere Entwicklung des Unternehmens in Deutschland und weltweit verfolgt, denn zweifellos gehört Apple zu den wichtigsten Unternehmen der globalen Wirtschaft.

(eulerpool-AFX)

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