Nach strategischer Neuausrichtung hat SAP die Aktienkursverluste aufgeholt, doch der Druck auf das Management bleibt weiterhin bestehen.
Die Aktie des Softwareherstellers SAP hat nach einer strategischen Neuausrichtung wieder zu alter Stärke gefunden und erreicht mit über 144 Euro einen bisher unerreichten Kurs an der Börse. Die Marktkapitalisierung des wertvollsten Konzerns im deutschen Leitindex Dax ist auf fast 180 Milliarden Euro gestiegen. Für Vorstandssprecher Christian Klein ist dies ein Triumph, nachdem die Pandemie zuvor zu einer strategischen Neuausrichtung geführt hatte. Die unpopuläre Entscheidung, das Geschäft schneller in die Cloud zu verlagern, hatte zu anfänglichen Verkaufswellen unter den ohnehin verunsicherten Aktionären geführt. Doch nun hat der Konzern diese Kursverluste wieder wettgemacht und zeigt somit, dass die Strategie von Klein erfolgreich ist und die Umstellung auf die Cloud voranschreitet.
Experten wie die Investmentbank Morgan Stanley sehen in der derzeitigen Situation bei SAP eine großangelegte Chance für Investoren. Die Einführung der neuen Produktgeneration S/4 Hana hat zu einem “großen Upgrade-Zyklus” geführt, wie es in einem Bericht von Morgan Stanley heißt. Die geringe Marktdurchdringung der neuen Produkte bietet laut Experten erhebliches Wachstumspotenzial. Dies bewog die US-Bank dazu, die SAP-Aktie zum Kauf zu empfehlen und ein Kursziel von 150 Euro auszugeben. Insgesamt raten 21 der von Bloomberg erfassten 32 Analysten zum Kauf der Aktie, während neun zum Halten und nur einer zum Verkauf raten.
Das Programmpaket S/4 Hana, das von vielen Unternehmen zur Modernisierung der Finanzabteilung und zur Prozessoptimierung genutzt wird, führt unter anderem zu einem besseren Cashflow, da für die Nutzung monatliche Gebühren anfallen. Zusätzlich profitiert SAP von zusätzlichen Verkäufen von ergänzenden Produkten im Zuge solcher Projekte. Die Neuausrichtung des Konzerns hat zwar zu Querelen unter den Bestandskunden geführt, erweist sich jedoch als erfolgreich. Im dritten Quartal konnte SAP den Umsatz mit Cloud-Diensten um 16 Prozent steigern und gleichzeitig mehr Gewinn erwirtschaften. Finanzchef Dominik Asam betonte gegenüber Analysten, dass die Profitabilität im Cloud-Geschäft weiter gesteigert werden könne. Die Margenausweitung trägt zur positiven Kursentwicklung bei, wie Mirko Meier von der LBBW betont. Der Konzern hält sein Versprechen, die Profitabilität wieder zu verbessern.
Die SAP-Aktie profitiert auch von einem positiven Markttrend. Technologieunternehmen verzeichnen in den letzten Monaten deutliche Kursanstiege. Dies zeigt sich auch am Nasdaq 100, in dem Unternehmen wie Apple, Amazon, Alphabet, Meta und Netflix mit einem hohen Gewicht vertreten sind. Der Index liegt seit Jahresbeginn rund 47 Prozent im Plus. Die sinkende Inflationsrate lässt darauf hoffen, dass die Zinssätze nicht weiter steigen werden. Dies ist besonders wichtig für Wachstumsunternehmen, die oft sensibel auf Zinssätze reagieren, wie UBS-Analyst Michael Briest betont.
Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz sorgt ebenfalls für Fantasie und treibt die SAP-Aktie an. Laut Mirko Maier von der LBBW ist der Hype um KI noch lange nicht vorbei, wie auch große Anbieter wie Microsoft mit ihren ersten Erfolgen zeigen. Dies wirkt sich auch positiv auf SAP aus, da das Unternehmen mit dem Assistenten Joule und Beteiligungen an Start-ups wie Aleph Alpha sowie Preisaufschlägen von bis zu 30 Prozent vielversprechende Zukunftsaussichten hat.
Die Neugewichtung wichtiger deutscher Börsenindizes wird SAP ebenfalls positiv beeinflussen. Die Deutsche Börse wird die Kappungsgrenze für Einzelwerte anheben, wodurch SAP von einem möglichen Malus befreit wird. Derzeit erreicht das Unternehmen immer wieder die Höchstgrenze von 10 Prozent im Dax und TecDax, was zu Verkäufen bei Fonds führt, die diese Indizes abbilden. Dies wird ab dem 18. März 2024, wenn Einzelwerte bis zu 15 Prozent ausmachen dürfen, nicht mehr der Fall sein.
Für SAP bleibt die Lage trotz des aktuellen Erfolgs herausfordernd. Um die gesteckten Ziele zu erreichen, musste sich die Belegschaft in den letzten Jahren insbesondere durch einen strikten Sparkurs sowie Preiserhöhungen anstrengen. Dies wird auch in den kommenden Monaten nicht einfacher. Laut UBS-Analyst Briest ist für das Erreichen der Jahresprognose im Cloud-Geschäft ein weiteres Wachstum von 25 bis 29 Prozent notwendig, was angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten eine anspruchsvolle Aufgabe ist. Auch in Bezug auf die Profitabilität muss SAP noch einmal zulegen, um die Erwartungen zu erfüllen. Analyst Mirko Maier von LBBW betont, dass diese Kennzahl besonders wichtig ist und ein Rückgang der Margen zu Kursverlusten führen könnte. Die Erfolgsgeschichte von SAP als Cloud-Unternehmen ist also noch nicht abgeschlossen.
(eulerpool-AFX)