Laut Blackrock-Manager Christian Hyldahl verfügen globale Investoren über ausreichend Mittel für die grüne Wirtschaftstransformation, doch es gibt Hindernisse.
Die COP28 in Dubai hatte einen bemerkenswerten Besucherrekord: Noch nie zuvor waren so viele hochrangige Vertreter der Finanzbranche bei einer UN-Klimakonferenz vertreten. Doch während das Bewusstsein für nachhaltige Investments zunimmt, mussten wir feststellen, dass dieses Jahr für grüne Finanzen eher enttäuschend war. In den USA ziehen Investoren Kapital aus umwelt- und sozialgerechten Anlagen ab, während in Europa die Zuflüsse stark zurückgegangen sind.
Sogar große Investoren wie Vanguard und Allianz haben die Financial Alliance for Net Zero, einen Zusammenschluss von Unternehmen aus der Finanzbranche, die den CO2-Ausstoß reduzieren wollen, verlassen.
Christian Hyldahl, Kontinentaleuropa-Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, glaubt, dass neue Ansätze erforderlich sind, um nachhaltige Investments attraktiver zu gestalten. Dies beinhaltet auch eine stärkere Fokussierung auf attraktive Renditen. Gleichzeitig warnt er jedoch auch, dass privates Kapital allein nicht ausreichen wird, um den Kampf gegen den Klimawandel zu finanzieren.
Blackrock verwaltet mit9 Billionen Dollar das weltweit größte Vermögen und steht somit im Fokus der Kontroversen um ökologische, sozialverträgliche und ethische Investments (ESG).
Hyldahl betont: “Grundsätzlich steht ausreichend Kapital zur Verfügung, um den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu finanzieren, zumindest in den Industrieländern.” Jedoch müssen diese Investments auch eine angemessene Rendite erzielen. “Ein Großteil dieses Kapitals stammt beispielsweise von Pensionsfonds, die aus den Ersparnissen von Lehrern und Feuerwehrleuten bestehen. Bei der Anlage geht es darum, die Altersvorsorge dieser Menschen zu sichern. Daher werden Pensionskassen keine Abstriche bei der Performance machen, selbst wenn die Investments einem guten Zweck dienen.”
Blackrock ist nicht der einzige große Investor, der die Bedeutung von Renditen bei der Finanzierung des ökologischen Umbaus betont. Ray Dalio, Gründer des Hedgefonds Bridgewater, mahnt ebenfalls, dass nur dann ausreichend privates Kapital mobilisiert werden kann, wenn die Performance stimmt.
Dieses Jahr war die Performance jedoch erheblich beeinträchtigt, da der S&P Global Clean Energy Index, der die Aktien der größten hundert Unternehmen aus der grünen Energiebranche abbildet, um 30 Prozent gefallen ist.
Auf der COP26 in Glasgow im Jahr 2019 versprachen die Mitglieder der Financial Alliance for Net Zero, 130 Billionen Dollar an Vermögen im Kampf gegen den Klimawandel zu mobilisieren. Auf der diesjährigen COP28 standen allerdings die Bedingungen für diese Zusage im Vordergrund. “Wir brauchen Investments, die ein angemessenes Verhältnis von Risiko und Ertrag bieten”, betonte Ramaswamy Variankaval, Global Head Corporate Advisory and Sustainable Solutions bei der US-Großbank JP Morgan.
Für Hyldahl sind vor allem die Schwellenländer eine Herausforderung: “Dort ist die Finanzierung der Transformation aufgrund des schlechteren Verhältnisses von Chancen zu Risiken für Investoren sehr viel schwieriger als in Industrieländern.” Als Lösung schlägt er vor, dass öffentliche und private Investoren zusammenarbeiten und die Risiken teilen.
Die Weltbank oder regionale Entwicklungsbanken könnten dabei den ersten Teil möglicher Verluste übernehmen und so das Risiko für private Investoren verringern.
Blackrock hat bereits eine konkrete Lösung: das Climate Finance Partnership. Für dieses Projekt haben Deutschland, Frankreich und Japan 20 Prozent des Kapitals bereitgestellt, während der Rest von privaten Investoren stammt. Der Finanzkonzern hat dafür 670 Millionen Dollar eingesammelt, davon 520 Millionen von privaten Investoren wie dem Versicherer Axa, der britischen Standard Chartered Bank und dem deutschen Energiekonzern Eon.
In den USA, dem weltweit größten Kapitalmarkt, wächst jedoch die Skepsis gegenüber ESG-Fonds. Laut Daten der Researchfirma Morningstar zogen US-Investoren im dritten Quartal dieses Jahres weitere 2,7 Milliarden Dollar aus nachhaltigen Fonds ab, wodurch die Gesamtabflüsse auf über 14 Milliarden Dollar in diesem Jahr anstiegen. Zum ersten Mal seit Jahren übertraf die Anzahl der geschlossenen ESG-Fonds die Anzahl der neu eröffneten. Als Gründe nennen die Morningstar-Experten höhere Energiepreise, steigende Zinsen und die Sorge vor Greenwashing.
Hyldahl räumt ein, dass sich immer mehr professionelle Investoren in Richtung direkte Investitionen in einzelne Projekte orientieren, anstatt öffentliche Märkte für Aktien oder Anleihen zu nutzen. “Dadurch haben sie eine bessere Kontrolle über die Wirkung ihrer Investments”, erklärt der Experte. Ein weiterer Grund für das schwindende Interesse an ESG-Investments in den USA ist der politische Streit, der sich um dieses Thema entfacht hat. Blackrock-Chef Larry Fink kündigte sogar an, den Begriff ESG nicht mehr zu verwenden, da er “von der extremen Linken und Rechten als Waffe benutzt” wurde.
Auch andere große Vermögensverwalter waren Ziel von Untersuchungen und Boykotts durch republikanische Gesetzgeber in Bundesstaaten wie Texas und Florida, die ihnen vorwarfen, ihre grüne Agenda auf Kosten der Anlegerrenditen zu verfolgen.
“Der Begriff ESG wird sehr unterschiedlich interpretiert, was zu Missverständnissen führen kann, aber auch bewusst politisiert wird”, meint Hyldahl. “Wir brauchen klarere und präzisere Begriffe, damit es keine Verwirrungen gibt.” Trotz der Rückschläge des vergangenen Jahres ist Hyldahl überzeugt, dass das Thema nachhaltige Investments auch in Zukunft relevant bleiben wird: “Wir befinden uns nicht in einer Innovationskrise, sondern am Anfang eines langen Prozesses. In 10 oder 20 Jahren werden wir über fortschrittlichere und aussagekräftigere Daten und Modelle zum Thema Nachhaltigkeit verfügen, die uns dabei helfen werden, Chancen und Risiken von Investments besser zu bewerten.”
(eulerpool-AFX)