Im Digitalzeitalter könnte das Warten auf dringende Briefe zukünftig längere Geduld erfordern.
Die Deutsche Post muss sich im digitalen Zeitalter neu aufstellen, da immer mehr Menschen auf elektronische Kommunikation umsteigen. Aus diesem Grund hat das Bundeswirtschaftsministerium am Freitag einen Reformvorschlag zum Postgesetz vorgestellt, der dem Konzern mehr Flexibilität bei der Zustellung von Briefen ermöglicht. Bisher musste die Post 80% der Briefe am nächsten Werktag zustellen, doch diese Vorgabe soll nun aufgehoben werden. Stattdessen wird erwartet, dass 95% der Briefe spätestens am dritten und 99% am vierten Werktag ihren Empfänger erreichen. Damit kommt das Ministerium der Post entgegen, die dadurch Kosten senken und ihre Flotte von Nachtfliegern einsparen kann, die zur Briefbeförderung durch Deutschland genutzt werden und CO2 ausstoßen.
Diese Reform ist dringend notwendig, da die Briefmenge seit Jahren sinkt, während die Kosten für die Zustellung gleichbleiben. Der Grund dafür ist, dass die Deutsche Post als Universaldienstleister verpflichtet ist, Briefe an allen Orten in Deutschland zuzustellen und dabei entsprechende Infrastruktur wie Fahrzeuge, Briefkästen und Filialen bereitzustellen. Andere Unternehmen haben diese Verpflichtung nicht und können somit günstigere Preise anbieten.
Die letzte umfassende Reform des Postgesetzes fand im Jahr 1999 statt, als das Internet noch keine große Rolle in der Kommunikation spielte. Heutzutage haben sich die meisten Geburtstagsgrüße und Einladungen auf digitale Wege verlagert. Aus diesem Grund soll die Präsenzpflicht, die bisher vorschreibt, dass es mindestens 12.000 Postfilialen geben muss, etwas aufgeweicht werden. Allerdings müssen Automaten, an denen Briefmarken gekauft und Pakete abgegeben werden können, noch immer von der Bundesnetzagentur genehmigt werden.
Diese Behörde soll in Zukunft auch die Möglichkeit haben, Buß- und Zwangsgelder gegen die Deutsche Post zu verhängen, um gegen mögliche Qualitätsdefizite in der Zustellung vorzugehen. Im vergangenen Jahr beschwerten sich so viele Bürger wie noch nie über verspätete oder falsch abgegebene Sendungen. Auch die Verbraucherschutzgesetze sollen gestärkt werden, um die Interessen der Verbraucher besser zu vertreten.
Die Deutsche Post hat sich zurückhaltend zu den Reformplänen des Ministeriums geäußert und betont, dass die Briefmenge weiterhin rückläufig ist und sich das Kommunikationsverhalten der Menschen geändert hat. Begrüßt werden hingegen Vorschläge wie die Deckelung des Porto für Standardbriefe auf 1€ und die Kennzeichnung von schweren Paketen, um Rückenproblemen bei den Paketboten vorzubeugen.
Der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums soll noch vor Weihnachten durch das Bundeskabinett und im Frühjahr abgeschlossen sein. Die Aktie der DHL-Group konnte bereits positiv auf die Reformvorschläge reagieren und wurde im XETRA-Handel erfolgreich gehandelt. Auch im nachbörslichen Tradegate-Handel konnte die Aktie um weitere 1,57 Prozent zulegen. Eine wirtschaftlich tragfähige Lösung für den Universaldienst der Deutschen Post bleibt allerdings noch abzuwarten.
(eulerpool-AFX)