Conti-Chef Setzer verkündet auf dem Kapitalmarkttag, dass der Verkauf der Automotive-Sparte vorerst nicht ansteht, und erläutert seinen Sparkurs mit Aussicht auf höhere Dividenden.
Continental wird in Zukunft weiterhin aus den drei Geschäftsfeldern Reifen, Industries und Automotive bestehen. Das bestätigte Konzernchef Nikolai Setzer im Vorfeld des Kapitalmarkttages am Montag gegenüber dem Handelsblatt. In Anbetracht der aktuellen operativen Lage sei das Automotive-Geschäft zwar unter den Zulieferern nicht führend, jedoch sieht Setzer großes Wachstumspotenzial für die kommenden zwei bis drei Jahre.
Aus diesem Grund bleibt die Automotive-Sparte Teil von Continental. Zuvor hatte es Gerüchte über einen möglichen Verkauf dieser Sparte gegeben, welche die Zukunftsbereiche Sensortechnik, Software und Autokomponenten umfasst. Die Herausforderungen in diesem Bereich haben in der jüngsten Zeit zugenommen. Ein möglicher Verkauf hätte es dem Konzern ermöglicht, sich wieder auf das traditionelle Geschäft mit Reifen und die Industriesparte zu konzentrieren. Allerdings war von Seiten des Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Reitzle sowie innerhalb des Unternehmens wenig überzeugung für diese Idee vorhanden.
Offenbar auch der Ankeraktionär Schaeffler, der46 Prozent der Conti-Anteile besitzt, unterstützte den Verkauf nicht. Für Reitzle, dessen Mandat als Aufsichtsratsvorsitzender im April 2024 ausläuft, wird eine Mandatsverlängerung somit immer unwahrscheinlicher.
Stattdessen wird die Automotive-Sparte unter dem zuständigen Vorstand Philipp von Hirschheydt straff geführt und das Produktportfolio fokussiert. Die Beratungsfirma McKinsey kam zu dem Ergebnis, dass die Kosten von Contis Automotive-Sparte im Vergleich zu direkten Konkurrenten um etwa 20 Prozent höher sind. Als erste Maßnahme wird die Display-Sparte ausgegliedert, um strategische Optionen wie einen Börsengang zu ermöglichen.
Setzer betont dabei, dass die Entscheidungsfindung ergebnisoffen gestaltet wird, ohne einen festen Zeitplan. Darüber hinaus plant der Konzernchef, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Automotive-Sparte mittelfristig von derzeit rund zwölf auf unter zehn Prozent zu senken. Vor allem an den Standorten für Forschung und Entwicklung sollen Einsparungen erzielt werden. Setzer erklärt dazu gegenüber dem Handelsblatt: “Unsere Forschungs- und Entwicklungskosten im Automotive-Bereich sind im Vergleich zu unserem Auftragseingang und im Vergleich zu unseren Wettbewerbern zu hoch.
Außerdem haben wir mit den 82 Entwicklungsstandorten schlichtweg zu viele kleine Standorte. Wir wollen mit der Bündelung die Standorte vergrößern, um die Entwicklung effizienter und wirksamer auszurichten.” Besonders vielversprechend ist der Bereich des automatisierten Fahrens, in den Continental bereits Partnerschaften mit dem US-Unternehmen Ambarella und dem US-Technologieunternehmen Aurora eingegangen ist.
Weitere Partnerschaften sind nicht ausgeschlossen, da dieser Bereich zwar hohe Investitionen erfordert, jedoch kaum zum Ergebnis beiträgt. “Jetzt gilt es, das automatisierte Fahren im Pkw-Bereich noch kosteneffizienter aufzustellen”, so Setzer. Während teilautonome Fahrsysteme, auch als Level 2+ bekannt, bereits in immer mehr Mittelklasse-Autos zum Einsatz kommen, befindet sich das Geschäft mit höheren Automatisierungsstufen für den kommerziellen Lkw-Bereich noch im Aufbau.
Um diese Ziele zu erreichen, plant Setzer trotz der insgesamt sinkenden Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Automotive-Bereich weiterhin in selbstfahrende Systeme zu investieren. “In zentralen Zukunftsbereichen wie dem automatisierten Fahren werden wir auch weiterhin höhere Quoten beibehalten”, betont er. Um dies zu ermöglichen, soll das Produktangebot in anderen Bereichen dünner werden. Setzer zufolge könnten 75 Prozent des aktuellen Produktangebots des Automotive-Bereichs zur Wertschöpfung beitragen.
Zu diesen Produkten zählen Software und Hardware für das automatisierte Fahren, das Bremsengeschäft, Hochleistungsrechner und die Elektronik-Architektur im Auto. Die restlichen 25 Prozent könnten mittelfristig möglicherweise abgestoßen werden. Insgesamt sollen die Kosten in der Sparte ab 2025 jährlich um 400 Millionen Euro sinken.
Zusätzlich zu den Einsparungen bei Forschung und Entwicklung, sollen auch in der Verwaltung Stellen gestrichen werden. Mittelfristig strebt Continental einen Umsatz von 51 bis 56 Milliarden Euro an, wobei fast die Hälfte davon aus dem Automotive-Bereich stammen soll. Die Einnahmen in dieser Sparte werden voraussichtlich zwischen 26 und 29 Milliarden Euro liegen. Die bereinigte Gewinnmarge soll zwischen sechs und acht Prozent liegen. Die Reifensparte wird weiterhin die profitabelste Sparte des Unternehmens bleiben.
Bei einem mittelfristigen Umsatzziel von 17 bis 18 Milliarden Euro rechnet Conti mit einer Marge von bis zu 16 Prozent. Insgesamt soll dies zu einer Gewinnmarge von acht bis elf Prozent in den nächsten zwei Jahren führen. Im Geschäftsjahr 2023 wird eine bereinigte EBIT-Marge von 5,5 bis 6,5 Prozent erwartet.
Die Aktionäre werden von den höheren Gewinnerwartungen ebenfalls profitieren. Daher erhöht Conti den Dividendenkorridor vonursprünglich 15-30 auf nun 20-40 Prozent.
(eulerpool-AFX)