Britische Banken konfrontiert mit wachsendem Druck: Investoren erkennen Schwachpunkte

Investoren fordern von Barclays und anderen Banken, aufgrund sinkender Zinsmargen die Kosten zu senken und die Profitabilität zu steigern.

Barclays und andere britische Banken stehen unter Druck, als Zeiten steigender Zinsmargen zu Ende gehen. Investoren verlangen niedrigere Kosten und höhere Gewinne. Die jüngste Entscheidung des katarischen Staatsfonds Qatar Investment Authority, fast die Hälfte seiner Beteiligung an Barclays abzustoßen, wurde von den Finanzmärkten als Misstrauensvotum gegen die unklare Strategie der Bank gewertet.

Die Aktie von Barclays verlor daraufhin 4,5 Prozent. Für CEO C. S. Venkatakrishnan ist dies ein weiterer Rückschlag. Seit seinem Amtsantritt im November 2021 hat die Aktie rund ein Viertel ihres Wertes verloren und seit Jahresbeginn fast zwölf Prozent. Im Vergleich zu internationalen Konkurrenten wird Barclays am unteren Ende der Branche bewertet, was die Zweifel der Investoren verstärkt.

Der amerikanische CEO mit indischen Wurzeln steht daher unter erhöhtem Druck, bis Februar 2022 eine überzeugende Strategie vorzulegen, um das Mixingeschäft aus Privatkunden, Kreditkarten und Investmentbanking profitabler zu gestalten.

Barclays ist nicht die einzige britische Bank, die unter Handlungsdruck steht. Auch Lloyds, HSBC und Natwest haben Baustellen, die nun wieder in den Fokus der Investoren rücken, da sich die Phase steigender Zinsgewinne dem Ende nähert. Die Bank of England hat signalisiert, dass weitere Zinserhöhungen vorerst nicht auf der Agenda stehen.

Dies bedeutet für die Banken, dass die Nettozinsmarge zwischen den gezahlten Zinsen für Einlagen und den Kreditzinsen nicht mehr automatisch die Kassen füllt. Im Vergleich dazu sind die meisten US-Rivalen besser aufgestellt und konnten ihre Profitabilität durch andere Aktivitäten auf hohem Niveau halten. Für Venkatakrishnan ist es nun besonders wichtig, die Ertragskraft zu steigern oder den Aktionären durch höhere Dividenden oder Aktienrückkäufe mehr Kapital zurückzugeben.

Im Oktober verkündete er einen Vorsteuergewinn von 1,9 Milliarden Pfund im dritten Quartal und betonte, dass es noch weitere Möglichkeiten gibt, die Renditen für die Aktionäre durch Kosteneffizienz und disziplinierte Kapitalallokation zu steigern. Gerüchten zufolge plant die Bank, sich von ertragsschwachen Geschäften im Investmentbanking zu trennen und die Kosten um etwa eine Milliarde Pfund (1,17 Milliarden Euro) zu senken. Dies könnte bis zu 2000 Jobs kosten.

Analysten reagieren jedoch abwartend auf die Pläne. “Dies wird sich langfristig positiv auf die Anleger auswirken. Allerdings müssen wir genauer wissen, wie lange es dauern wird, bis sich die Vorteile zeigen”, sagt Benjamin Toms, Analyst bei der kanadischen Bank RBC in London.

Auch Lloyds plant Berichten zufolge deutliche Kostensenkungen, die bis zu2500 Stellen betreffen könnten, insbesondere im mittleren Management. Die Bank erklärt, dass sie ihr Geschäft entwickelt und transformiert, um mehr für ihre Kunden zu tun und ihnen die benötigten Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Die Bank of America hält die Lloyds-Aktien dennoch für unterbewertet und erwartet im kommenden Jahr eine schnelle Erholung der Ertragskraft im Kreditgeschäft.

Auch die größte britische Bank HSBC steht vor strategischen Entscheidungen. Nach dem Streit mit dem chinesischen Investor Ping An über die Abspaltung des Asiengeschäfts muss CEO Noel Quinn nun zeigen, dass seine globale Strategie erfolgreich ist. Quinn berichtet von einem guten, breit gestreuten Wachstum in allen Geschäftsbereichen und Regionen, das durch das Umfeld niedriger Zinsen unterstützt wird.

HSBC plant zudem die Übernahme der Vermögensverwaltung der Citigroup in China mit einem verwalteten Vermögen von 3,6 Milliarden Dollar. Dies unterstreicht den Fokus der Bank auf Asien. Allerdings zeigt der starke Rückgang im Geschäft mit Unternehmensübernahmen in China und Hongkong die Risiken dieser Expansion. Dort ist das Transaktionsvolumen auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren gefallen und beträgt nur noch die Hälfte des jährlichen Durchschnitts.

Die britische Großbank Natwest steht ebenfalls vor Herausforderungen. Seit der Finanzkrise 2008 gehört sie immer noch zu etwa 39 Prozent dem britischen Staat. Finanzminister Jeremy Hunt kündigte vor zwei Wochen an, dass es an der Zeit ist, dass sich der Staat zurückzieht und die Aktien an Privatanleger verkauft. “Ich prüfe in den nächsten zwölf Monaten die Optionen für ein Aktienangebot für Privatanleger, sofern die Marktbedingungen dies erlauben und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt werden kann”, sagt der Finanzminister.

Angesichts der enttäuschenden Performance der Natwest-Aktie an der Börse ist es jedoch unwahrscheinlich, dass sich Käufer darum reißen werden. Im Vergleich zu anderen Werten im Börsenindex FTSE 100 hat die Bank in diesem Jahr bisher die schlechteste Entwicklung gezeigt. Für den britischen Staat könnte dies zu einem schmerzhaften Verlustgeschäft werden, da er die Aktien zum Preis von 502 Pence pro Stück erworben hat. Derzeit notiert Natwest nur noch bei rund 217 Pence.

(eulerpool-AFX)

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