Kurz vor der nächsten Verhandlungsrunde kündigt die GDL Streiks an, da die Bahn eine 35-Stunden-Woche ablehnt.
Die Deutsche Bahn (DB) steht erneut vor Streiks: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat angekündigt, von Mittwoch 22 Uhr bis Donnerstag um 18 Uhr den Bahnverkehr zu bestreiken. Dies gab GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstagabend bekannt – trotz geplanter Verhandlungsrunde. Der Grund: Die Bahn zeigt sich nicht bereit, über die von der Gewerkschaft geforderte Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden zu verhandeln. Dies sei jedoch ein unerlässlicher Bestandteil des Forderungskatalogs, so Weselsky. Er betonte, dass die Bahn mit Tricks und Täuschungen nicht durchkommen werde.
Neben der 35-Stunden-Woche verlangt die GDL auch eine Gehaltserhöhung von 555 Euro im Monat sowie eine Erhöhung der Zulagen um 25 Prozent. Die Tarifrunde spitzt sich somit erwartungsgemäß zu, obwohl die Bahn bereits in der Auftaktrunde ein Angebot vorgelegt hat – ungewöhnlich früh. Dieses sieht eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 2850 Euro und eine Erhöhung der Entgelte um 11,5 Prozent vor. Mit einer Laufzeit von 32 Monaten orientiert sich das Angebot an dem Tarifabschluss für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen.
Die GDL strebt jedoch einen Tarifvertrag von nur zwölf Monaten an. Bahn-Personalvorstand Martin Seiler bezeichnete den Streikaufruf der GDL als “Zumutung für die Bahnreisenden”. Die Gewerkschaft setze Absprachen einfach außer Kraft und handle unverantwortlich. Insbesondere die drohende Kostensteigerung von 50 Prozent aufgrund aller 35 Forderungen der GDL sei nicht tragbar.
Die GDL verhandelt jedoch nicht nur mit der Deutschen Bahn, sondern auch mit anderen Bahnverkehrsunternehmen. Dort sei laut Weselsky teilweise eine höhere Bereitschaft zum Thema Arbeitszeitverkürzung vorhanden. Es gehe nicht mehr darum, ob eine Verkürzung komme, sondern wann und in welchen Schritten, so der Gewerkschaftschef. Die GDL wolle damit einen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Weselsky betonte auch die Attraktivität einer Arbeitszeitverkürzung für Berufe bei der Bahn sowie die Notwendigkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Er verwies dabei auf andere Gewerkschaften wie Verdi oder die IG Metall, die in der Stahlindustrie für eine 32-Stunden-Woche kämpfen. Auch die Berliner Verkehrsbetriebe hätten laut Weselsky selbst eine Viertagewoche vorgeschlagen. Das Thema Arbeitszeit stellt sich auch in laufenden Tarifrunden mit anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen als entscheidend heraus. So hatte die GDL bereits am 21. Oktober zu einem zwölfstündigen Warnstreik beim Transdev-Konzern aufgerufen.
Bei der Chemnitzer City-Bahn wurden die Verhandlungen aufgrund eines Streits um die Arbeitszeit abgebrochen. Es war bereits vor und nach der ersten Verhandlungsrunde in der letzten Woche absehbar, dass ein Arbeitskampf seitens der GDL unvermeidlich sein würde. Der bisherige Tarifvertrag der Gewerkschaft ist Ende Oktober ausgelaufen, somit sind jederzeit Warnstreiks möglich.
Weselsky deutete zudem an, dass gemeinsame Aktionen mit Beschäftigten der Länder möglich seien, für die momentan ebenfalls Tarifverhandlungen durch Verdi und DBB Beamtenbund und Tarifunion geführt werden. Die GDL ist im Beamtenbund organisiert. Weselsky betonte, dass auch die Beschäftigten im Bereich der Länder eine lebenswerte Wertschätzung verdienen.
Die GDL ist zwar die kleinere von zwei Gewerkschaften bei der Bahn, vertritt jedoch viele Lokführer sowie weitere Berufsgruppen wie Zugbegleiter oder Teile der Verwaltung. Die Bahn hat jedoch angekündigt, das Tarifeinheitsgesetz anzuwenden, im Gegensatz zu früheren Runden. Dieses besagt, dass in Betrieben mit sich überschneidenden Tarifverträgen konkurrierender Gewerkschaften ausschließlich der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gültig ist. Nach Angaben der Bahn ist dies lediglich in 18 von etwa 300 Betrieben des Konzerns der Fall. Somit betrifft die laufende Tarifrunde nur rund 10.000 Bahnbeschäftigte.
(eulerpool-AFX)